Thursday, December 20, 2007

Kusatsu

Dieses Wochenende war vorgezogene Weihnachtsferien mit N. Wir haben uns für eine Nacht nach Kusatsu begeben, ein sehr berühmter Onsen-Ort. Auch wenn "Kusatsu" und "Kusai" ähnlich klingen, sind die Zeichen dafür verschieden. Aber inhaltlich würde es passen. "Kusai" heisst: stinken. Und da in der Mitte des Dorfes eine offene, kochende Quelle liegt, stinkt es ziemlich deutlich nach Schwefel. Ich glaube ja, dass der Name von "stinken" kommt, aber geändert wurde, weil die Bewohner das nicht so toll fanden. ;)
Am Samstag morgen in aller Frühe (so gegen acht) sind wir aufgestanden und haben uns auf den Weg nach Shinjuku gemacht. Dort in einem Combini ein paar Onigiri und Sando-uichi gekauft und die reservierten Bilette abgeholt. Um zehn fuhr dann der Bus ab, eine mässig interessante Reise durch Tokyo, auf Autobahn, Landstrasse und am Schluss klassischer Gebirgsstrasse. Da wir uns unterwegs durchwegs gefragt hatten, ob es wohl Schnee hätte, waren wir sehr erfreut, als wir bei der Ankunft von etwa 5cm und leichtem Schneefall begrüsst wurden. Nachmittags und Abends haben wir das Dorf besichtigt und bei Einbruch der Dunkelheit ein Rotenburo (out-door-onsen) besucht. Das wäre eigentlich sehr toll gewesen, wenn ich mich nicht heftigst darin geirrt hätte, wie lange ich das heisse Wasser ertrage. Daher habe ich mir einen Hitzeschock zugezogen und war den Rest des Abends ziemlich reduziert (und mir war dermassen schlecht, dass ich das deliziöse Abendmahl fast komplett auslassen musste). Abends haben wir einen Kusatsu-By-Night Spaziergang gemacht, mit der heissen Quelle mitten im Dorf hübsch beleuchtet. Übernachtet haben wir in einem sehr hübschen, geräumigen Zimmer mit erstaunlicherweise zwei Doppelbetten. Wer braucht denn zwei?

Am Morgen war mir wieder etwas besser (auch wenn mein Magen erst gegen Abend wieder in Ordnung war, ich bin da halt empfindlich), und als wir aus dem Fenster schauten, trauten wir unseren Augen kaum. Das mickrige Bisschen Schnee wurde über Nacht kräftig aufgestockt, und es lag nun fast ein halber Meter. Nach morgen-Bad im Hotel, krassem japanischem Frühstück (mein armer Magen) und Check-out (mein armer Geldbeutel) kam dann die hübsche Szene: "Sollen wir Sie zum Bahnhof fahren?" - N: "Ich würde gerne ein paar Schritte laufen.", gefolgt von etwa 5 Schritten draussen, als ein heftiger Windstoss uns genug Schnee ins Gesicht bliess, um eine halbe Piste benutzbar zu machen. Fluchtartiges Umdrehen und: "Wir haben es uns anders überlegt, können wir das Auto haben?" Wir kauften Tickets für den Bus um eins, und gingen noch etwas im Schneesturm spazieren / Kaffee trinken. Dass N. nur kleine Sandalen anhatte, half nicht und führte zu komischen Situationen, als sie durch 30 cm Schnee rannte. Ich durfte nachher meine Dienste als Fusswärmer gratis anbieten.

Wir wolltendann noch etwas kleines zu Mittag essen und entschieden uns für Udon (Nudeln), liefen in ein ok aussehendes Restaurant, wurden da freundlich begrüsst und es wurden uns die Spezialitäten erklärt. Diese Empfehlungen waren die teuersten zwei Gerichte auf dem ziemlich umfangreichen Menu, aber wir wollten ja nichts grosses. Wärend der nächsten fünf Minuten überlegten wir etwas hin und her, und wurden zweimal von der alten Schachtel unterbrochen, die wahrscheinlich die Chefin war, dazwischen ging sie zu jemandem an einem anderen Tisch, den sie kannte, setzte sich zu ihm und beobachtete uns (und flüsterte ihm etwas zu, mit einem vielsagenden Gesichtsausdruck). Als sie dann auch noch sowas wie "jetzt macht mal vorwärts, ihr Lahmärscher" in ihren Bart murmelte, wärend sie vor uns stand (!), wars genug und wir gingen direkt wieder. Im Nachhinein aufgefallen: Beim reinkommen/hinsetzen wurde uns weder Tee noch Wasser angeboten, beim rausgehen wurden wir nicht verabschiedet. Definitiv unhöflichstes Restaurant ever. Rückweg per Bus, Abendessen in Ebisu, sehr schöner Abend. Bier getrunken um meinen Magen zu beruhigen, funktioniert immer gut.

Wednesday, December 12, 2007

Elevator Control System

Danke für die zahlreichen Kommentare zum letzten Post, das war einiges an Denkanregung. Um mich auf einen zu beziehen: Ja, Studium ist hier nicht wirklich spannender als in der Schweiz. Aber da ich kein Musterstudent bin, verbringe ich nur einen relativ geringen Zeit mit studieren (von den Japanischkursen + Lernzeit dafür einmal abgesehen). Im Lab lasse ich mich ab und zu blicken, aber mehr, um mit den Leuten zu schwatzen als um da was zu arbeiten.

Der weiteren würde ich sicher nicht hierbleiben, "nur", weil ich eine N. habe, aber andererseits ist das ein weiterer Grund in der Liste. Meine Liste umfasst ansonsten in etwa: Hier gefällts mir besser als zuhause. Studium ist vergleichbar, Vorlesungen sind etwas langweiliger und unverständlicher, dafür darf ich Vorträge halten anstatt Prüfungen zu schreiben (und ich bin einer der ganz wenigern Menschen, die das sogar gerne machen). Ich bin zur Zeit auf der "bleiben" Schiene, aber bevor nicht alle Papiere unterschrieben sind, ist nichts endgültig. Zur Zeit ist beispielsweise auch noch unklar, ob ich Schulgeld bezahlen müsste. Falls dem so wäre, komme ich auf jeden Fall im Februar nach Hause. Ich bezahle doch nicht 5000.- Fr Schulgeld! Ich finde es übrigens eine Frechheit, dass die japanischen Studenten, die diesen Betrag ja berappen, dann auch noch Handlangerkram machen müssen. Mein Lab wird im Frühling das Gebäude wechseln (wohin, ist unklar, aber dass umgezogen muss, ist felsenfest), und da wird von den Studenten und PHDs erwartet, Tische und Kram selber zu schleppen. Und dafür bezahlt man dann auch noch Schulgeld?

Weiter im Text: Irgendwann nächste/übernächste Woche findet das Comiket statt, da bin ich dann definitiv ein paar Tage ein Otaku. Cosplay wird wohl nichts. Ich habe nämlich keine langen Haare mehr, darum kann ich schlecht Frauen darstellen. Hah, erwischt. Natürlich habe ich noch lange Haare. Zumindest für eure Verhältnisse, ich finde meinen neuen Haarschnitt kurz. Und sexy! Wer sehen will, muss mich im Skype anrufen.

Ah ja, der Titel. Meine aktuelle Aufgabe, die mich die letzten drei Tage gequält hat: "Design an Elevator Control System in UML with Use Cases and Scenarios." Eine der beschissensten Aufgaben, die je jemand erfunden hat, aber Software Engineering gibts auch hier. Dank an J., die mir die mehrseitige Aufgabenstellung aus dem Japanischen übersetzt hat. Dass der Typ auch noch geschwollenes und umständliches (Beispiel? "Der Aufzug hat Knöpfe um den Aufzug herbeizurufen, wenn man diese betätigt, wird der Aufzug herbeigerufen.") Japanisch benutzt, macht die Sache nicht gerade einfacher.

Tuesday, December 4, 2007

Noch ein Semester?

Eventuell tut sich die Möglichkeit auf, noch ein Semester in Japan zu bleiben.

Soll ich?
Will ich?

Nachteilig ist, dass das mein Studium mit fast garantierter Sicherheit um ein Semester verlängert, da ich in Zürich wohl nicht um ein volles Jahr (inkl. Masterarbeit) herumkomme, ausser, ich kann das irgendwie ultimativ geschickt einfädeln, aber das sehe ich zur Zeit noch überhaupt nicht.

Vorteile wären, dass ich mich hier immens wohl fühle, mein Japanisch von brauchbar auf fliessend bekommen könnte und meine Beziehung zu N. noch etwas geniessen könnte. Februar ist arg früh. V


Zu bewältigende Probleme: Visum ist gedeckt, Wohnheim sollte organisierbar sein, es ist primär ein bisschen Papierkrieg und Dinge, die ich nicht entscheiden kann.

Was denkt die Leserschaft?

Monday, December 3, 2007

Still alive

Auch wenn ich keine Zeit habe, Blog zu schreiben (und jetzt auch das Problem habe, dass sich die Einträge stark ähneln und/oder sehr privat sind), mich gibts noch. Das heutige Thema soll lauten: "Mein erster Spitalbesuch".

Der Grund: Ein lästiger, stark beissender, roter Fleck auf meiner Haut. Also entweder eine Allergie, ein Pilz oder eine Hefe (von den krassen Dingen wie Hautkrebs mal abgesehen). Nachdem ich eine Woche gewartet habe und alle meine neuen Dinge gemieden habe (um eine Allergie zu finden) und sich eigentlich nichts gebessert hat, entschloss ich mich Montags, doch einen Arzt aufzusuchen, lieber verschwende ich eine Stunde als dass ich mir nachher "Wenn Sie früher gekommen wären, dann hätten wir jetzt kein Problem" anhören möchte. Wie findet man einen Dermatologen in Tokyo? Naja, wie immer. Internet. Ich fand ein Spital um die Ecke, welches einen Dermatologen hat. Erst suchte ich nach einem Ort, an dem garantiert Englisch gesprochen wird, aber dann siegten meine faulen Beine und ich entschied mich für das nächstgelegene, 5 Minuten zu Fuss hat deutliche Vorteile gegenüber zweimal Umsteigen mit der U-bahn.

Bei meiner Akunft wurde ich am Informationsschalter erst grossartig verwirrt, indem die Empfangsdame sehr höfliche Sprache und viele Fachworte verwendete. Dann wurde mir erklärt, dass Konsultationen nur Morgens von 8:00 bis 11:30 möglich seien und man umbedingt einen Termin ausmachen müsse. Auf meinen flapsigen Kommentar: "Und Nachmittags machen die Ärzte Ferien?" wurde entrüstet mich "Surgery! Surgery!" reagiert, worauf ich meinen Kommentar zum Witz erklärte (dafür gibts einen Ausdruck im Japanischen). Trotzdem frage ich mich, wieviel ein Dermatologe operiert. Der früheste Termin war Dienstag morgen um 9:30, was mir ermöglicht, nur einen Teil meiner Vorlesung zu verpassen. Ich habe aus Nervosität fürchterlich schlecht geschlafen.

Man muss, wie immer, natürlich Formulare ausfüllen, seine Krankenkasse vorweisen, zum Glück habe ich die obligatorische (und meine Schweizer, die erstatten mir die Kosten dann zurück). Wenn man nicht von einem anderen Arzt überwiesen wird, kostet es 1300 yen extra, sehr japanisch. Das war am Schluss 50% meiner Rechnung... Vor und nach dem Ausfüllen muss natürlich etwas gewartet werden, dann wird man ins Wartezimmer geschickt (eh?). Dieses Wartezimmer, oder eher, Wartesaal, beherbergt ca 150 Sitzplätze, jeweils in einem Rechteck angeordnet mit einem grossen Schild in der Nähe für die Institution, die man besuchen möchte. Ich hatte also das Gefühl, dass jeder im Raum mich anstarren würde und sich dachte: "Iiih, der hat sicher einen hässlichen Ausschlag, Lepra oder Pickel am Arsch!" Etwas irritiert setzte ich mich hin und beobachtete etwas die Patienten. Da hinten ist also Kardiographie, da drüben haben wir Zahnprobleme und diese Herren mir gegenüber? Ach. Urologie. Ich glaub ich sitze doch nicht so schlecht. Als Bonusereignis wurde ein Westler in abgewetzter Kleidung, Handschellen, Fussfesseln und vier Wächtern zur Urologie gebracht. Der hat wohl die Seife zu oft fallen lassen.

Und mein Problem? Eine Allergie. Zwar angenehm zu wissen, dass ich nichts aufgelesen habe, andererseits mühsam, dass ich mich von einer meiner Neuerwerbungen wieder trennen muss. Da kauft man mal ein paar Dinge ein und schon hat man sowas. Müssen diese Japaner auch überall komische Farbstoffe, Antifaltenmittel, Insektizide und sonstige -zide verwenden? Und auf was genau bin ich jetzt allergisch? Let the Versuchsreihe begin.