Tuesday, July 8, 2008

Der Teil mit den Blauen Zehen

Samstag (erst den Post darunter lesen): Gemütlich aufgestanden und Mangels guter Alternativen ein paar Tempel besichtigt (ja, ich war schon viermal in Kyoto, aber es hat immer noch Tempelanlagen, welche ich nicht gesehen habe, obwohl sie superberühmt sind). Diesmal auf dem Programm: Nannzenji (geht so), Chion-in (ganz gut) und Sanjusangendo, eine Halle mit über Tausend Buddha-Statuen (1001 + 26 Generäle + 1 Haupt-Buddha), aus Holz geschnitzt und mit Gold verziert. Definitiv eine weitere Empfehlung. Amüsant, dass eine "friedfertige" Religion etwa 20 von 26 Generälen (!) mit Waffen darstellt. Aber was ich von Religion halte, wissen sicher alle Leser... Zu guter Letzt sei anzumerken, dass der Tempel eine fiese Schwelle hat, über die man leicht stolpern kann. Und das natürlich ohne Schuhe (weil Schuhe in Tempeln (oder in Gebäuden allgemein) verboten), und übel die Zehen dagegen hauen kann. Natürlich denkt man sich dann, das sei nicht weiter schlimm und humpelt zum Bahnhof, nimmt da einen Zug nach Oosaka und irgendwie wirds nicht besser, im Gegenteil, der Fuss fängt immer stärker an zu schmerzen. In Oosaka humpelt der Simulant dann grad noch so in sein Hotelzimmer, wo er den Socken auszieht und eine hübsche Entdeckung macht: Die mitlere Zehe des rechten Fusses blutet leicht, ist ebenfalls leicht angeschwollen und hat eine leicht unübliche Farbe. Klartext: Die Zehe ist knallpurpurn. Zu diesem Zeitpunkt war auch "Fuss belasten" oder "Zehe berühren" oder "Zehe bewegen" nicht mehr wirklich eine Option (ausser, man mag Schmerzen. Grosse Schmerzen).
Uns blieb nicht viel anderes übrig, als bei der Rezeption anzufragen, ob/wo wir denn einen Arzt bekommen könnten. Einschieben muss ich, dass wir im Riga Royal unterkamen, deutlich teurer (10'000 yen fürs Doppelbett), viel grösser, 1A-Service und lausige Räume. Wir konnten sämtliche Nachbarn beim Duschen/WC-Spülen und Türe-öffnen hören. Nicht ganz so erstklassig wie man erwarten würde. Das Zimmer im My Stays war besser! Aber da wäre die folgende Geschichte vielleicht weniger glimpflich gelaufen: Wir suchten also einen Arzt, und die Rezeption war sofort damit zur Stelle. Es wurde ein Termin in einem nahen Notfall-Spital reserviert (in Japan kennt man kaum Arzt-praxen, man geht immer ins Spital, und die meisten Spitäler nehmen keine Patienten auf übers Wochenende. Ich finds auch etwas fragwürdig. "Ja, ich hab hier einen Herzinfarkt, ich geduld mich mal bis Montag"?). Anyway. Rübergehumpelt, ein paar Formulare ausgefüllt und etwas gewartet und schliesslich von einer netten Ärztin untersucht; "Tut das hier weh?" - "Nein" - "Und das?" - "Gyaaaarghhh!!!!!". Sie kam zum Schluss, dass wahrscheinlich der Knochen nicht gebrochen sei, zumindest der hintere (wichtigere). Aber um sicherzugehen, könne man Röntgen. Da ich nach wie vor Einbeinig war und nicht vor hatte, meine Zehe auch nur im geringsten langfristig zu riskieren (Tango tanzen ade?! Nicht mit mir!) und ich ziemlich viele Horrorstories über falsch behandelte Fussverletzungen kenne, war der Fall klar. Einmal Durchleuchten bitte. Krieg ich so einen Bleimantel? Danke.
Das Röntgenbild war dann unmissverständlich: Kein Bruch, "nur" verstaucht. Grosse Erleichterung meinerseits, ich habe schliesslich am Sonntag eine Geburtstagsmilonga und laufe jeden Tag sehr viel zu Fuss. Wäre echt mühsam gewesen. Trotzdem löste das ein paar Probleme aus: Wir wollten eigentlich in Oosaka tanzen gehen, und das war definitiv unmöglich. Ich konnte ja kaum gehen. Oder eher: Ich konnte gar nicht gehen. Ziemlicher Gemütseinbruch und etwas Ratlosigkeit, und als Bonus etwas mit N. gestritten. Unser allererster Streit! Aber auch nur wegen dem Seltenheitswert erwähnenswert. Sie war schlecht gelaunt weil unser Abend etwas düster ausschaute, wir hatten beide Hunger und ich war natürlich auch nicht die Einfühlsamkeit in Person mit einem kaputten Fuss, der mich bei der kleinsten Bewegung zusammenzucken liess.
Wir sind dann etwas genervt per Taxi in die Stadt gefahren, aber da wir die Stadt nicht kannten und der Taxifahrer weniger als hilfreich war ("In welcher Gegend kann man gut Essen?" - "Weiss nicht.") half das nicht weiter. Trotzdem in einem der drei grossen City-Zentren etwas rumgehumpelt und nach zehn Minuten ein Restaurant gewählt. Okonomiyaki. Der Abend endete dann doch sehr gut, da der Laden absolut köstliches Essen servierte (wenn man Avokado und Tomaten mag) und sogar einen brauchbaren, bezahlbaren Rotwein auf der Karte hatte. Etwas teuer gegessen, aber wirklich, wirklich gut. chabana.com wäre die Adresse für Reisetippsucher. Wir haben uns auch sofort wieder versöhnt und hatten einen tollen Abend. Leider ohne Tango.

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