Tuesday, April 1, 2008

Hanami

Die aktuellen Einträge sind etwas zeitverschoben, da ich kein Internet habe, und Text files schreibe.

Letzte Woche war ich etwas kränklich, stark schwankend zwischen quasi gesund und bettlägerig. Entweder litt ich ganz besonders unter den Pollen, oder ich hatte eine Erkältung aufgelesen. Ich selber tippe eher auf krank, da meine Symptome nicht mit dem Wetter übereinstimmten, wie das bei all den Pollenallergiker der Fall war.

Freitags war ich wieder einigermassen gesund und in die Schweizer Botschaft eingeladen, wo eine Stehparty zu Ehren der Austauschstudenten, Alumni und sonstigen Universitätsmenschen aus der Schweiz stattfand. Auch die Japaner, die in der Schweiz gewesen waren, wurden eingeladen. Zwischen einigen eher weniger interessanten Personen ("Mein Haus! Meine Yacht! Meine Frau!") und sehr viel Sprachengewirr (Deutsch, Schweizerdeutsch, Französisch, Japanisch, Englisch und Italienisch habe ich gehört, und mich in fast allen davon versucht) ergab sich auch eine nette Bekanntschaft mit einem Genfer, der hier seit einigen Jahren wohnt, mitlerweile Assistant Professor ist (gar nicht mal so schlecht bezahlt für japanische Verhältnisse, wahrscheinlich sogar besser als an der ETH, auf Kaufkraft bezogen, Krankenkasse (für Dozenten) ist hier 200 Franken im Monat, gesamte Familie, Zahnarzt auch bezahlt), letzte Woche eine Japanerin geheiratet (spricht auch nur Japanisch...) und sehr zufrieden scheint. Nachdem wir aus der Botschaft rausgeschmissen wurden, weil es schon spät Abends sei (es war gerade mal zehn Uhr!), sind wir dann noch zu sechst etwas trinken gegangen in der wahrscheinlich teuersten Beiz in ganz Ebisu (1700 yen das Bier, um die 500 ist normal, 1000 ist schon eine teure Bar), ein Tessiner, ein Genfer, zwei Japanerinnen, eine Welsche und ich. Die Welsche ist mir enorm ähnlich (Weintrinkerin, Informatik + Sprachwissenschaften im Studium, quasi identische Hintergrundgeschichte auf die Frage "Warum bist du in Japan?" und hat dasselbe seltsame, mässig nützliche, aber meines Erachtens interessante Nischenwissen aufgetischt wie ich), aber ich hatte das Gefühl, dass sie das Gefühl hätte, ich würde versuchen, sie anzubaggern (hübsch war sie auf jedenfall). Ganz toll. Da ist man in festen (kleinen) Händen, aber ändern tut sich nichts. Wahrscheinlich ein Reflex, wenn man Informatik studiert als gutaussehende Frau.
Bei den zwei Japanerinnen hatte ich den gegenteiligen Eindruck: Die waren Single und hätten gerne jemand interessantes kennengelernt, und das ist natürlich an den Tatsachen gescheitert (Freundin, Freundin, Verheiratet). Sie sind dann auch schon bald gegangen und wir drei haben noch in der Männerrunde lustig weitergesoffen. Als ob in der Botschaft nicht schon die Kellner dauernd das Weinglas nachgefüllt hätten. Aber ich bins mir ja gewohnt.

Am Samstag Hanami! Strahlendes Wetter und halb Japan in Weiss. N. und ich sind nach Ueno, haben uns unter die Kirschbäume gesetzt, eine Weinflasche (Syrah) entkorkt, Käse, anständiges Brot, Roastbeef und ein paar japanische Dinge ausgepackt und die Leute beobachtet. Ich kenne jetzt auch das Wort für "sich übergeben" (das wäre dann: "gero"), da das wärend Hanami nicht nur vorkommt, sondern, so wurde mir erklärt, eher standard sei. Es werde sehr viel getrunken, oder eher mehr, gegessen werde dazu wenig und der Abend beginne sehr früh und ende sehr spät. Die Nachbarn vom Karateclub trieben es besonders bunt, die waren so gegen 3 Uhr Nachmittags schon besoffen. Und weil es immer noch ziemlich kalt ist, sind wir nach ein paar Stunden rumsitzen dann noch in den Ueno Zoo gegangen ("Zoo" heisst übrigens Elefant auf Japanisch... Missverständnis vorprogrammiert), da gibts einen Giant Panda, Elefanten und so die üblichen Viecher. Ich weiss gar nicht, wann ich das letzte mal in einem Zoo war. Vor fünfzehn Jahren vielleicht? Irgendwie waren die Elefanten und Giraffen damals viel grösser. Und den Japanern kann man wie erwartet kein Lob aussprechen für Tierfreundlichkeit. Die meisten Tiere werden in unglaublich kleinen Käfigen gehalten, und mehr als eines litt offensichtlich heftig unter Stress.

Sonntag Morgen war N. nicht so fit ("Kafun" = Pollenallergie) und hatte wenig geschlafen. Also bin ich heldenhaft einkaufen gegangen, "Brötchen holen" quasi, nur dass es hier keine Brötchen gibt. Stattdessen halt einen Fruchtsalat gezimmert. Japanische Früchte sind leider etwas fade. Wurde trotzdem geschätzt. Erdbeeren (gibts hier primär im Winter), Ananas, eine hiesige Mandarine/Orange/irgendwas Kreuzung, Kiwi, Mango und leider keine Passionsfrucht. Heute nebenbei festgestellt, dass mein Kühlschrank zu kalt eingestellt ist, der Rest des Salates ist gefroren. War etwas kalt, aber so als Eis gar nicht schlecht.
Nachmittags habe ich mit A., dem Genfer vom Freitag zum Hanami (Teil 2 für uns) abgemacht, er mit seiner Frau, N. und ich. Ausnahmsweise war N. nicht mit dem Problem konfrontiert, dass meine Bekannten (respektive Verwandten) kein Japanisch sprechen, und darum nicht allzu schwierig zu überreden, mitzukommen. Trotzdem hatte ich das Gefühl, sie sei sehr skeptisch, dass ich sie meinem neuen "Saufkumpanen" vorstellen wollte. Aber weit gefehlt, ich war mir von Anfang an sicher, dass A. ein cooler Typ ist und das bestätigte sich auch. Hanami fiel buchstäblich ins Wasser, es regnete ziemlich grässlich. Wetter hier im Frühling ist noch wankelmütiger als bei uns. Heute knallige Sonne, gestern Dauerregen, morgen wahrscheinlich auch wieder schlechtes Wetter. Immerhin windet es zur Zeit, das ist mal was neues. Zurück zum Thema: Wir sind also zu viert Essen/Trinken gegangen und hatten einen sehr schönen Abend. Sollte ich mich entschliessen, hier einen PhD zu machen und Professorwürde anzustreben, hätte ich zumindest einen Sempai... Stimmt mich dann doch etwas nachdenklich.

Montags (Gestern) wollte ich eigentlich meine Miete überweisen, wurde aber vom ATM blockiert (um einen Studiumskollegen zu zitieren: "Um 17:00 macht der kleine Japaner, der im ATM arbeitet, Feierabend, und dann geht das Gerät einfach nicht mehr."), und lahm gelegt. Meine weiteren WEP-Key-Suchereien waren erfolglos, Japanisch habe ich auch nicht gelernt und der Tag war einfach nur Scheisse. Dafür habe ich heute (Dienstag) meine Miete überweisen können, an einem japanisch-only ATM (ich bin ja so stolz!) und das ohne Hilfe, eine second Hand Waschmaschine gekauft (10'800 yen), Wäscheleinen gekauft (630 yen im 100 yen shop (+5% tax, de facto ein 105 yen shop, aber das ist normal)) und ein paar Unterhosen gewaschen. Eigentlich wäre meine Bettwäsche am ehesten fällig, aber das wagte ich mich nicht als erstes. Die Maschine ist natürlich auch Einsprachig, und hiesige Geräte sind nicht mit abstrahierten Symbolen überzogen wie unsere, sondern einfach in Textform angeschrieben. Und mein elektronisches Wörterbuch hat natürlich Erklärungen für die Programme. Auf Japanisch. Na toll. Im Augenblick fürchte ich mich primär davor, dass meine Wäsche vom Balkon gewindet wird, und darum habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Wäscheklammern verwendet. Und wenns regnen sollte (sieht nicht danach aus), bin ich auch verarscht.

Nächste Woche beginnt die Uni wieder, aber ich bin jetzt in meiner neuen Wohnung gut etabliert. Ich frage mich allerdings, welche Japanischklassen ich besuchen soll. Die nächsthöhere Klasse zur letztsemestrigen (Level 3) wäre Level 4 (unerwartet, eh?), und die ist zeitlich etwas sehr doof, so um 9:00. Dann müsste ich etwa um 7:00 aufstehen (oder noch früher?) und hätte dafür eine Mittagspause von 10:30 bis 13:00 und keine Gelegenheit, am Morgen normale Vorlesungen zu besuchen. Mal schauen, muss morgen sowieso zur Uni für administrativen Kram, dann kann ich mich gleich nach den aktuellen Stundenplänen erkundigen. Und jetzt gehe ich ins Tango.

3 comments:

Serki said...

hehe kaje, dein schreibstil ist immer wieder mal fuer einen lacher gut, merci :)
gruss vom quasi-genfer

Anonymous said...

lass dich ja nur nicht vom Genfer anstecken ... japanerin heiraten, schweiz verlassen, und und und...

Anonymous said...

... und noch normal werden. lach :)