7.9.07
Im Shinkansen von Oiyama (?) nach Sendai, gegen Mittag. Zur Zeit sitze ich auf dem Boden, mit dem Notebook auf den Knien, aber die unreservierten Wagen sind hoffnungslos überfüllt. Um mich herum hat es noch zwei weitere "Bishnismen" mit "Nôto", ich passe mich also hervorragend an.
Heute morgen bin ich aus Togakushi abgereist, mit dem Bus um 8:50 (und das nur, weil ich den um 7:50 um vielleicht 15 Minuten verpasst habe, ja, ich bin wieder viel zu früh aufgestanden, aber das Frühstück hier ist immerhin einige Entbehrungen wert. Wenn wir schon beim Essen sind: Das gestrige Abendessen war sehr köstlich. Unter anderem gab es eine Tomatensuppe/Gulaschverschnitt, welche mich sehr an Ski-Orte in der Schweiz erinnert hat (das hier ist auch ein Skiort), aber im Gegensatz zu diesen nicht durch brachiales Paprika in Höchstdosen die Zunge betäubt, sondern stattdessen mit sanften Harmonien den Gaumen umschmeichelt hat. Und solche Formulierungen benutze ich wahrscheinlich darum, weil ich gerade Murakamis "Tanz mit dem Schafsmann" lese, eine wahrhaftig erquickende Lektüre.
Und hier ein Thema, über welches ich sonst kaum schreiben oder reden mag: Das Wetter. Dank eines Taifuns hat es in den letzten drei Tagen folgende drei Arten Wetter gegeben: 1. Regen, 2. kurz davor, mit Regnen anzufangen, oder 3. gerade aufgehört zu regnen. Darum habe ich auch den Rest des gestrigen Tages lesend und badend verbracht. Trotzdem war ich dankbar dafür, dass mir nicht die Sonne auf den Kopf brannte und es unglaublich kühle 20°C war. Hier sagten alle, das sei kalt (Weichlinge!). Ich habe schon seit zwei Tagen keine kurzen Shirts mehr, und freue mich, dass ich jetzt die langarmigen Hemden tragen kann, ohne einen Hitzeschock zu erleiden (oder stinkig/stinkend herumzulaufen).
Hah! Zwischenhalt, mehr als die Hälfte der Reisenden sind ausgestiegen, Sessel frei!
Sendai, etwa 6 Uhr. Im Hotel eingecheckt, billig (4100 yen die Nacht), mickrig kleines Zimmer (aber alleine!), aber ziemlich ruhig und nette Aussicht aus dem zehnten Stock. Und ein relativ breites Bett (ca 120 cm) anstatt irgendwelcher Matten auf irgendwelchen Böden. Mal eine YH-Pause tut gut. Interessant, dass mein Lonely Planet dieses Hotel als Mid-Range bezeichnet, aber ein anderes mit 4200 yen / Nacht in der Billigstkategorie aufführt.
(Schreibezeitpunkt: Tags darauf, Mitternacht, aber am Freitag passiert, darum hier): Hier findet ein Jazz-Festival dieses Wochenende statt, darum habe ich so geplant. Nachdem ich aber erfahren musste, dass das eigentlich erst am Freitag richtig los geht (und der Taifun sowieso erst heute Nacht abschwirrt und es bis dann ziemlich hässlich stürmen wird), bin ich mit wenig Erwartungen im Regen in die Stadt gegangen. Dort ein bisschen Sightseeing betrieben, Palastmauern (im WWII alles zerstört) angeguckt, meinen Schirm zerlegt (und später den neu gekauften in der Bar vergessen, ohne ihn einmal zu benutzen, aber war eh nur 100 yen), ziemlich Nass geworden und dann umgezogen und Essen suchen gegangen. Ach, und den Tag voreilig als ziemlich mittelmässig abgeschrieben.
Laut LP sind die meisten Lokale etwa am selben Fleck, also bin ich dahin und habe ein bisschen rumgestöbert. Ich habe eine totale Hassliebe dazu, einerseits finde ich es toll, dass ich einfach etwas aussuchen kann, andererseits fühle ich mich so total hilflos, besonders, weil ich die Menukarten wenig bis gar nicht lesen kann, und nicht in die falschen Schuppen geraten möchte. Ich habe keine Lust, am Schluss 10'000 Yen auszugeben, nur weil ich von einem kostümierten Mädel sehr freundlich (mit Anfassen) bedient wurde. Und dann trotzdem nichts gute gegessen zu haben. So, zurück zur Geschichte: Ich bin also etwas ziellos rumgestolpert und habe mich dann entschieden, in ein nicht allzu teuer aussehendes Yakiniku-Restaurant zu setzen, das sehr heimelig aussah. Ich habe mich also an die Bar gesetzt und den Eigentümer/Koch "To." mit Fragen gelöchert, wie das denn hier funktioniere (man hat einen Grill vor sich und bekommt rohes Fleisch/Gemüse, welches man dann braten kann, nicht ganz einfach, 5 verschieden grosse Stücke exakt gar zu bekommen, wenn man sie auch noch nacheinander darauf legt. Fleisch-Raclette, sozusagen, koreanischer Ursprung, btw). Mein erster Banknachbar hat zwar mit grossem Elan englisch probiert, musste dann aber schon nach kurzer Zeit gehen, weil er was abgemacht hatte.
Dann kam ein Paar herein (sie "A." 27, er "Ta." 30), welches sich neben mich setzte. Warum ich das Alter so genau weiss? Man kam halt ins Gespräch, sogar sehr gut, und trank etwas Sake... erst Uulong-Tee, dann Nihonshu, dann mehr Nihonshu, dann Shochu, dann etwas mit Grapefruit und Sake, und da war glaub noch was, im Nachhinein bin ich mir nicht sicher, wieviel wovon genau, an einem Punkt gab der Besitzer eine Flasche Shochu über die Theke, weil wir die Etikette anschauen wollten, aber er hat das dann vergessen und die Flasche wurde immer leerer (A. hat immer wieder nachgeschenkt, aber primär Ta, ab und zu mir und sich selber kaum, fieses Biest! Praktisch, dass ich ab einem gewissen Punkt viel betrunkener wirke, als ich wirklich bin (mein Japanisch lässt rapide nach, ich mache einen enorm müden Eindruck (kleine Äuglein, Gähnen) und meine Koordination ist lausig (Barhocker sind todbringende Hindernisse), aber ich bekomme durchaus mit, was abgeht, das verhindert, dass ich zusehr abgefüllt werde, da ich mitzähle (und Zahlen gehen immer), wie oft mir nachgeschenkt wird, und nie das "aber mein Glas war doch leer? Ach egal!"-Phänomen habe. Ta war da ganz anders, vertrug aber auch mehr, wenn ich soviel getrunken hätte wie er, hätte es düster ausgesehen. Ich hatte den Eindruck, dass A. versuche, ihn abzufüllen. Überhaupt war das Verhältnis der beiden sehr komplex/unklar (interessant?). Sie sagte mir, sie seien ein Paar. Als sie auf der Toilette war, sagte er, sie sei seine Ex (da glaube ich ihm eher, er macht einen eher traurigen/bedauernden Eindruck bei dem Kommentar, er hat auch "einsam" aus dem Wörterbuch gesucht). Ich bin mir ziemlich sicher, dass sie nicht richtig zusammen sind, denn sie hat ein bisschen viel mit mir geflirtet (und ihn schon fast ignoriert). Ein bisschen sehr sehr viel. Zumindest bin ich mir trotz Alkoholpegel sehr sicher, dass meine Hand auf ihrem Bein/Schoss irgendwie relevant ist. Sie hat sich regelrecht an mich gekuschelt aber (wie ich, wie gesagt, das geht auch betrunken) immer sehr darauf geachtet, dass er das nicht sieht, und ich bin mir absolut sicher, dass er keinen blassen Schimmer hatte, was da unter dem Tisch vor sich ging.
Auch höchst interessant war, dass er sich überlegt hat, noch in eine Hostess-Bar zu gehen (nette Mädels, hohe Preise, etwas Busen betatschen, aber kein Sex) und mich mitschleppen wollte. Das habe ich dann trotz Interesse abgelehnt (hey, ich hatte eine hübsche Japanerin neben mir sitzen, zumindest die eine Hand voll zu tun *hust* und billiger wars sowieso, mal davon abgesehen, dass ich nach wie vor moralische Bedenken habe (aber ich bin ja noch eine Weile hier und werde sicher noch kuriert)), und versucht, ihn alleine hinzuschicken. Hier kommt der Clou: A. hat ebenfalls versucht, ihn abzuschieben. Wenn ich nicht so betrunken gewesen wäre, hätte ich mich echt aufgeregt, dass ich (wir?) ihn nicht los wurde(n), darum muss die Geschichte hier auch enden. Jetzt im Nachhinein (nüchtern) reut mich das wirklich.
Naja, fast. Wir sind um 2 Uhr früh (oder wars 3?) dann noch mit dem Besitzer des Ladens Ramen essen gegangen und ich bin irgendwie noch ins Hotel gelaufen und ins Bett gefallen. Selten so gut geschlafen, trotz zu weicher Matratze. Toller Abend ;) Da ich nochmal in Sendai vorbeikomme, gibts vielleicht eine Fortsetzung (hoffe ich zumindest).
Monday, September 10, 2007
Enge Jeans, spürbare Naht auf der Innenseite
at
1:30 AM
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