Monday, September 10, 2007

Jitensha

9.9.07
Früh aufgestanden, Kram gepackt (warum passt heute alles problemlos in den Koffer? Letztes mal hatte ich mehr Probleme?), Handtuch aus Hotel mitgehen lassen (sorry, aber ich brauche ein zweites und habe bis jetzt keines in einer guten Grösse gefunden), Shinkansen genommen, auf Lokalzug umgestiegen, mitten im gar nichts einen Bus genommen (den zu finden war nicht ganz einfach, zum Glück gibts hier an jeder Ecke Polizeiposten, wo zwar drei Leute sitzen, aber garantiert keiner was zu tun hat. Erinnert mich an Cops (cooler Film). Die sind dann immer supernett und hilfsbereit, meist sogar auch hilfreich), dann zu Fuss zur Jugendherberge gelaufen und da eingecheckt. Enorm hübsches Häusschen, ziemlich verschrobener, aber irgendwie netter Besitzer, der aber meines Erachtens keinen blassen Schimmer von Alltagsproblemen hat, wahrscheinlich löst seine Frau diese für ihn. Beispiele: Ich wollte meine Wäsche machen, er erklärt mir Maschine und Trockner (es hat nur einen Gledschlitz und keine weiten Bedienelemente, darauf steht "30 Minuten = 100yen", ich glaub, ich häts auch so verstanden). Nachdem ich meinen Kram aus dem Trockner genommen habe (ca eine Stunde später, in der ich warten musste, schliesslich kann man in Japan nicht Wäsche machen und erst Stunden später wieder auftauchen), sagt er mir, dass es auch eine Wäscheleine hätte. Ja toll, das müsste ich vorher wissen, dann wär ich längst weg. Als ich die benutzen will, stelle ich fest, dass sie dreckiger ist als meine Schuhsolen. Ok, mache ich halt noch etwas Hausarbeit und putze erst die Leinen. Schnappe mir also den erstbesten Lumpen, der rumliegt (schaut aus wie ein Bodenlumpen, aber das ist mir ja egal) und mache mich auf den Weg. Werde dann aber vom Besitzer aufgehalten, dass ich den dafür nicht nehmen könnte und der sucht umständlich einen anderen. In der Zeit, bis ich die Leinen endlich sauber hatte, hätte ich auch meine gesamte Wäsche machen können. Übrigends ist der Kram immer noch nicht völlig trocken, die Luftfeuchtigkeit hier ist einfach zu hoch. Nochmal in den Trockner gepackt und eine Stunde drehen lassen, vielleicht reicht das ja.

Beispiel 2 (noch viel verreckter): Ich habe ein Fahrrad (Jitensha) gemietet und wollte damit die Gegend erkunden. Da alles total flach ist und relativ nahe zusammen (Hotel in der Mitte, längste Distanz etwa 6 km) geht das eigentlich sehr gut. Probleme: Erstens hat das Fahrrad exakt einen Gang. Das ist beim Anfahren etwas lästig, aber beim Fahren auf gerader Strecke (ohne Verkehr) wirklich nervig. Entweder strampelt man sich zu Tode oder ist im Schneckentempo unterwegs. Zweitens sind die Bremsen lausig. Naja, da ich nicht mehr als 5 km/h fahren kann nicht so schlimm. Drittens sind die Räder in einem so erbärmlichen Zustand, dass man auf auf gerader Strecke kraftvoll treten muss, oder die Reibung der Kugellager und schlecht gepumpten Reifen bremst einen (Pumpe hab ich auch keine gefunden). Viertens gibt mir der Besitzer zwar eine Karte, aber die Karte hat weder alle Strassen (sondern nur die wichtigen), noch eine Anbgabe, wo denn Norden sei, drauf. Ich habe in meinem Führer auch so eine Karte mit nicht allen Strassen, aber da sind andere Strassen gewählt worden. Na super. Ausserdem weiss ich dort zwar wo Norden ist, aber dafür habe ich keine Ahnung, wo das Hostel zu suchen wäre. Der Besitzer zeichnet mir zwar das Hostel ein, aber nicht die davor liegende Strasse, so dass ich immer noch Norden suche...

Alles in allem hat mich dieses unprofessionelle Gewurstel locker zwei Stunden gekostet, bis ich endlich auf dem richtigen Weg war. Schön, dass mir von drei geplanten Sehenswürdigkeiten dann auch zwei vor der Nase geschlossen wurden (weil die zwischen 4 und 5 zu machen, elende früh-ins-Bett-geh-Japaner). Ursprünglich wollte ich ja zwei Tage hier bleiben, aber im Angesicht dessen, dass mich das kiloweise Nerven kostet, gehe ich morgen früh weiter. Ach, und vielleicht gibts dann auch wieder mal Internet, dieses Kaff hat gar nichts, wurde mir von mehreren Seiten bestätigt. Dafür war auf dem Fahhrad dahinbrausen sehr angenehm, und im Fahrtwind schwitzt man nicht so höllisch wie sonst. Wobei ich mich wieder daran gewöhnt habe, dass es immer etwas feucht ist, und stinken tut man auch kaum noch, da man so viel mehr schwitzt als stinkende Moleküle vorhanden sind. Alles nur eine Frage der Verdünnung.

Und nun zu Fahrrädern in Japan: Ich habe ganz vergessen, wie nützlich diese Dinger eigentlich sind. Und wieviel Ärger man damit hat (Reifen luftlos, Bremsen Glücksache, Lenken fragwürdig). Aber hier gelten spezielle Verkehrsregeln für Vélos: Gar keine. Bei Rot über den Fussgängerstreifen auf der falschen Seite, ohne Licht in der Nacht und die Bremsen gehen auch nicht? Polizisten (und die sind hier eh unterbeschäftigt) ziehen nicht mal eine Wimper hoch. Es hat etwas praktisches, so zu fahren, wenn man sich weder an die Fussgänger-, noch an die Auto-Regeln halten muss. Ja, liebe Mamma, mir ist nichts passiert, es hat hier praktisch keinen Verkehr und ich war leider nicht betrunken (hier gibts nicht mal anständigen Kaffee, geschweige denn eine Bar oder sowas!)

Betreffend Kaffee: Für gewisse weibliche Leserinnen (M. oder K. kommen mir spezifisch in den Sinn) wäre der Kaffee hier gar nichts. Japaner verstehen unter "espresso" in etwa: sanfter Milchkaffee mit wenig Zucker. Und unter "Cafè Latte" verstehen sie: Milchgetränk mit Mokkageschmack. Ich finds nicht mal so schlecht, man muss einfach mit einer anderen Einstellung an die Sache ran gehen ("Softdrink mit Kaffee-aroma"). Oder ins Starbucks gehen, da schmeckt es wie bei uns. Ich lobe ja selten die grossen Ketten, aber hier bin ich wirklich mal pro-Starbucks. Um eine Richtlinie zu geben: Ich hatte heute schon vier Tassen Kaffee (oder waren es fünf?) und spüre nicht das Geringste. In der Schweiz vertrage ich nicht mehr als zwei, bevor mein Magen anfängt, sich wie wild selber zu verdauen, und mein Hirn anfängt, literweise Stresshormone auszuschütten.

Am Abend habe ich einen eher mittelmässigen Fisch gegessen (war ok, aber ich bin mitlerweile anspruchsvoll), kein Internet gefunden, schwachbrüstigen Kaffee gesoffen, lauwarm gebadet und eine 30-minütige Präsentation über die Umgebung gesehen (ohne Powerpoint), wovon ich 50% schon in Natura gesehen habe und den Rest nicht sehen will. Langsam wird mir mein schlechtes Japanisch auch lästig. Irgendwie kann ich nie das sagen, was ich will, und niemand kann mir erklären, was die korrekten Sätze wären (schliesslich wird man hier nie korrigiert). Trotzdem ist es extrem angstrengend, auch nur Small Talk zu machen. Ja, ich hatte wohl schon bessere Laune.

1 comment:

Anonymous said...

Kopps rockt! ;)
Viel Spass noch :)